Der mit 15.000 Euro dotierte Romanpreis des portugiesischen Schriftstellerverbandes (Grande Prémio APE/DGLAB) geht in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal an Teolinda Gersão. Sie wird für ihren im letzten Jahr erschienenen Roman Autobiografia não escrita de Martha Freud (veröffentlicht bei Porto Editora) ausgezeichnet und setzte sich in einer einstimmigen Juryentscheidung unter Vorsitz von José Manuel de Vasconcelos durch. 1995 war sie zum ersten Mal für A casa da cabeça de cavalo ausgezeichnet worden.
Die Jury betont, dass „der Roman nicht nur die kulturelle Bedeutung der Erinnerung hervorhebt, sondern zugleich auch ein großartiges psychologisches Porträt einer Frau ist, die sich schließlich gegen die patriarchalische Macht aufgelehnt hat.“
Teolinda Gersão wurde 1940 geboren und studierte an den Universitäten von Coimbra, Tübingen und Berlin. Sie war Lektorin für Portugiesisch an der Technischen Universität Berlin und Professorin an der Universidade Nova de Lisboa, wo sie Deutsche Literatur und Vergleichende Literaturwissenschaft lehrte.
Als Autorin von mehr als 20 Büchern hat sie bereits zahlreiche Literaturpreise erhalten, ihr Werk wurde in viele Sprachen übersetzt, auch ins Deutsche. Zur Zeit sind hierzulande aber keine Übersetzungen mehr im Handel.
Dort wächst Moisés ohne Mutter auf. Seine ältere Schwester Luzia, der man übernatürliche Kräfte nachsagt, erzieht ihn mit großer Strenge. Sie arbeitet als Wäscherin in einem Kloster, das seit Jahrhunderten die Gegend dominiert. Als sie für Moisés einen Platz in der Klosterschule erobern kann, glaubt sie an eine bessere Zukunft für ihren Bruder. Doch Moisés sieht sich Willkür und Missbrauch ausgesetzt, über die er mit niemandem sprechen kann. Er verlässt heimlich das Dorf und kehrt erst Jahre später zurück, nachdem das Kloster durch ein Feuer zerstört wurde.
In Brasilien wurde der Roman 2024 mit dem Prêmio Jabuti ausgezeichnet.
Wir veröffentlichen hier einen Beitrag von Michael Kegler, der zuerst bei nova cultura! erschienen hist
Die brasilianische Tageszeitung »Folha de S. Paulo« hat 101 Expert*innen aus unterschiedlichen Bereichen gebeten, die 25 »besten« brasilianischen Bücher des 21. Jahrhunderts zu nominieren. Unter den Meistgenannten sind erfreulich viele, die bereits ins Deutsche übersetzt wurden.
Weit davon entfernt, einen neuen Kanon definieren zu wollen, funktioniere die Liste als ein Zeugnis der Vielfalt und des Reichtums der brasilianischen Gegenwartsliteratur, schreibt die Zeitung.
An erster Stelle und mit 48 Stimmen am meisten genannt ist Ana Maria Gonçalves: »Um defeito de cor«. Das 2006 veröffentlichte und 2007 mit dem Premio Casa de Las Américas ausgezeichnete nahezu 1000-seitige Opus über eine Verschleppung von Afrika nach Brasilien und wieder zurück stand bereits 2022 auf der Liste der 200 wichtigsten Bücher für das Verständnis Brasiliens (Ebenfalls eine Aktion der Folha de S. Paulo), und inspirierte im Karneval 2024 den Aufzug der Sambaschule Portela. An zweiter Stelle nanten die Juror_innen Itamar Vieira Júnior: »Torto Arado«, der nach der Auszeichnung durch den Prémio Leya 2018 zunächst in Portugal veröffentlicht und ein Jahr darauf in Brasilien zum Sensations-Bestseller wurde. 2022 erschien der Roman in der Übersetzung von Barbara Mesquita unter dem Titel »Die Stimme meiner Schwester« auch auf Deutsch.
»O avesso da pele« von Jéferson Tenório, der 2020 möglicherweise eine neue literarische Auseinandersetzung mit dem brasilianischen Alltagsrassismus einläutete, steht an dritter Stelle der Erwähnungen, an vierter Stelle und 21 Mal wird »Nove noites« des immerhin mit drei Übersetzungen (von Karin von Schweder Schreiner) auf dem deutschen Buchmarkt vertretenen Bernardo Carvalho genannt, gefolgt von Cristóvão Tezza: »O filho eterno« und »Eles eram muitos cavalhos« (Dt. »Es waren viele Pferde«; übers.: Michael Kegler) des Eröffnungsredners der Frankfurter Buchmesse 2013 Luiz Ruffato, von dem seit 2012 noch 6 weitere Romane, darunter die Pentalogie »Vorläufige Hölle«, in deutscher Übersetzung vorliegen. Gleich zwei Mal werden in der Liste die für die Schwarze Literatur Brasiliens höchst bedeutsame Conceição Evaristo genannt, sowie der Musiker Chico Buarque und dessen Romane »Budapeste« (Budapest) und »Leite Derramado« (Vergossene Milch; übersetzt von Karin von Schweder Schreiner aber leider nicht mehr lieferbar).
Frisch auf Deutsch erschienen (Der Sturz des Himmels) ist dagegen das Standardwerk indigender Weltsichten »A queda do céu« von Davi Kopenava und Bruce Albert aus dem Jahr 2010, aus dem französischen übersetzt von Karin Uttendürfer und Tim Trzaskalik. Auf Portugiesisch erschien das Buch 2015 in der Übersetzung von Beatriz Perrone-Moisés. Davor nennt die Liste als ersten Lyrikband »O livro das semelhanças« der Lyrikerin Ana Martins Marques, deren »Risque esta Palavra« unter dem Titel »Streich dieses Wort« Ende 2024 in der Übersetzung von Michael Kegler auf deutsch erschien. Die zweite Lyrikerin auf der Liste ist Angélica Freitas deren »um útero é do tamanho do punho« (2012) von Odile Kennel ins deutsche übersetzt wurde: »der Uterus ist groß wie eine Faust« (2020). Evenfalls übersetzt sind: Bernardo Kucinski: »K.«, unter gleichem Titel 2013 in der Übersetzung von Sarita Brandt, Michel Laub: »Diário da Queda« (Tagebuch eines Sturzes; übers.: Michael Kegler, 2013 und leider vergriffen) José Falero: »Os supridores« (»Supermarkt«, 2024 übersetzt von Nicolai von Schweder-Schreiner), Geovani Martins: »Sol na cabeça« (2019 auf deutsch unter dem Titel »Aus dem Schatten« ebenso wie der 2024 veröffentlichte Roman »Via Ápia« in der Übersetzung von Nicolai von Schweder-Schreiner erschienen), sowie Sérgio Sant’Anna – allerdings nicht mit dem genannten »O voo da madrugada«. »Cinzas do Norte« von Milton Hatoum wiederum liegt seit 2008 n der Übersetzung von Karin von Schweder-Schreiner als »Asche vom Amazonas« auf Deutsch vor und ist sogar weiterhin lieferbar.
Unter den (noch) nicht ins Deutsche übersetzten Titeln stechen Natália Borges Polesso: »Amora« hervor, der 2015 als Erzählband über queere Lebensentwürfe Maßstäbe setzte, Micheliny Verunschk: »O som do rugido da onça«, in dessen Mittelpunkt die im 19. Jahrhundert von deutschen Naturforschern verschleppten und in München gestorbenen indigenen Kinder stehen, sowie Rubens Figueiredo: »Passageiro do fim do dia«, der im Rhythmus einer Busfahrt vom Stadtzentrum in die Peripherie die Geschichte Brasiliens erzählt. Daniel Galera: »Barba ensopada de sangue« (Flut; übersetzt von Nicolai von Schweder-Schreiner) Victor Heringer: »O amor dos homens avulsos« (»Die Liebe vereinzelter Männer, übers. 2024 von Maria Hummitzsch) sowie Andrea del Fuego »Os Malaquias« (Geschwister des Wassers, übers. von Marianne Gareis) rangieren außerhalb der Liste der 20 »besten« mit immerhin mehreren Erwähnungen durch das Gremium. 6 Stimmen erhielt auch »O Paraíso é bem bacana« von André Sant’Anna, das teilweise in Berlin spielt.
Die Liste im Einzelnen in der Reihenfolge der Stimmen:
Es versteht sich von selbst, dass alle Bücher soweit noch verfügbar, bei uns in der Buchhandlung entweder vorrätig sind oder bestellt werden können. Klicken Sie einfach auf die jeweiligen Titel.
Die norwegische Sozialanthropologin Erika Fatland ist zwei Jahre lang auf Frachtschiffen auf den Routen der portugiesischen Seefahrer gereist. Das daraus entstandene Buch Seefahrer mit dem Untertitel „Eine Reihe durch Portugals vergangenenes Weltreich“ ist das sehr lesenswerte Ergebnis dieser Reise.
Die Autorin spannt in ihrem umfangreichen (über 700 Seiten starken) Reisebericht einen Bogen von der Zeit der Seefahrer zum heutigen politischen, kulturgeschichtlichen und gesellschaftlichen Erbe der Kolonialzeit. Die Reise führt nach Portugal, Madeira , auf die Azoren, nach Ceuta, Kap Verde, Guinea-Bissau, Ghana, São Tomé und Príncipe, Äquatorialguinea, Angola, Mosambik , Tansania, Kenia, Dubai, Bahrain, Oman, die Malediven, Indien, Sri Lanka, Malaysia, Japan, Indonesien, Osttimor, St. Helena und natürlich Brasilien.
In einigen Ländern und Gebieten, die Erika Fatland besucht, gehört die portugiesische Ära der fernen Vergangenheit an und nur schwache Spuren erinnern noch daran. An anderen Orten wird sich noch sehr intensiv und schmerzhaft an die portugiesische Epoche erinnert.
Eine große Leseempfehlung für alle, die sich für die portugiesische Geschichte interessieren aber gleichzeitige interessante Reisereportagen aus der Gegenwart lesen. Eine portugiesische Übersetzung gibt es bisher noch nicht.
Morgana Kretzmanns UmweltthrillerDie Stimmen des Yucumã, der jetzt in der deutschen Übersetzung von Nicolai von Schweder-Schreiner im Insel Verlag erschienen ist, erzählt von drei willensstarken Frauen im Ökosystem des Rio Turvo in Südbrasilien.
Im brasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul an der Grenze zu Argentinien treffen die Parkrangerin Chaya, ihre Cousine Preta, Anführerin einer gefürchteten Gruppe von Jägerinnen und Schmugglern, und Olga, die Assistentin eines gierigen Kongressabgeordneten aufeinander. Sie sind gemeinsam aufgewachsen, stammen aber aus zutiefst verfeindeten Familien. Ein umstrittenes Bauprojekt, das das gesamte Ökosystem des Parks Rio Turvo und seiner Bewohner in Gefahr bringt, sorgt für ein unerwartetes Wiedersehen und das Aufbrechen alter Wunden.
Ein spannendes Buch mit vielen pointierten Dialogen, das sicher auch gut als Vorlage für einen Film funktionieren würde.
Mit einigen Bücherkisten bepackt, geht es morgen (Mittwoch) nach Leipzig, wo wir an der Buchmesse teilnehmen.
Sie finden uns am portugiesischen Nationalstand in Halle 4C300. Dort gibt es ein umfangreiches Programm mit und über portugiesischsprachige Autor*innen, das wir hier schon in den vergangenen Tagen ausführlich angekündigt haben.
Wenn Sie in der Nähe sind, kommen Sie gern vorbei, wir freuen uns auf spannende Gespräche. Unsere Frankfurter Buchhandlung bleibt deshalb von Mittwoch bis Samstag (26.-29.3.) geschlossen, ab Montag (31.3.) haben wir wieder regulär geöffnet. Onlinebestellungen sind natürlich auch in der Zwischenzeit möglich.
Ende März findet wieder die Leipziger Buchmesse statt. Portugal ist mit einem eigenen Stand in Halle 4 Stand C300 vertreten und bietet ein tolles Programm mit zahlreichen Autorinnen und Autoren, die nach Leipzig reisen werden. Wir sind auch die ganze Zeit vor Ort und beraten Sie gern zu Büchern und Autor*innen.
Hier ein erster Überblick für die ersten beiden Tage – das Programm fürs Wochenende folgt in Kürze.
Donnerstag 27.03.2025 Messe – Halle 4 Stand C300
Francisco Sousa Lobo, copyright: Petra Noack
11:30 – 12:15 Uhr VORSTELLUNG VON FRANCISCO SOUSA LOBO Gespräch mit dem Autor über sein Buch: Oktober In englischer Sprache Moderation: Toby Ashraf
Im Rahmen eines Residenzstipendiums 2024 in Berlin hat Francisco Sousa Lobo einen kurzen Comic über seinen Aufenthalt in der deutschen Hauptstadt gestaltet. Ausgangspunkt für das Werk mit dem Titel Oktober, das in Kürze in Großbritannien erscheinen wird, ist die Kurzgeschichte Der Büffel, der brasilianischen Schriftstellerin Clarice Lispector.
14:30 – 15:15 Uhr VORSTELLUNG VON TATIANA SALEM LEVY Gespräch mit der Autorin über ihr Buch: Der Schlüssel zum Haus In deutscher/portugiesischer Sprache Moderation: Christian Ruzicska, Verleger Secession-Verlag
Copyright: Pedro Loureiro
Der stark autobiografisch geprägte Roman Der Schlüssel zum Haus ist der zweite ins Deutsche übersetzte Roman der Schriftstellerin Tatiana Salem Levy und erzählt über drei Generationen die Geschichte einer jüdischen Familie, die von Vertreibung, Migration und Exil geprägt ist.
Tatiana Salem Levy Der Schlüssel zum Haus, Secession-Verlag, 2024 Übersetzung: Marianne Gareis
15:30 – 16:30 Uhr 50 JAHRE FREIHEIT: FEIERN MIT MUSIK In deutscher/portugiesischer Sprache Moderation: Toby Ashraf Gesang und Gitarre: Pedro Matos Ein Jahr nach der Nelkenrevolution, die die Demokratie in Portugal wiederherstellte und ein anachronistisches diktatorisches Regime beendete, fanden die ersten freien Wahlen nach allgemeinem Wahlrecht statt. Genau in diesem Moment feiern wir den 50. Jahrestag eines der wichtigsten Schritte auf dem Weg zum Rechtsstaat, für den es sich zu kämpfen lohnt.
Freitag 28.03.2025 Messe – Halle 4 Stand C300
Copyright: Pedro Marnoto
10:30 – 11:15 Uhr VORSTELLUNG VON LÍDIA JORGE Gespräch mit der Autorin über ihr Buch: Erbarmen In deutscher/portugiesischer Sprache mit Steven Uhly, Übersetzer Moderation: Christian Ruzicska, Verleger Secession-Verlag Dona Alberti sitzt im Rollstuhl, kann ihre Hände kaum noch benutzen und erzählt einem Aufnahmegerät aus ihrem Leben im Hotel Paraíso, einem Altenheim, wo sie aus freien Stücken lebt, seit ein banaler Unfall sie ihrer Selbständigkeit beraubt hat. Das sind die Koordinaten von Lídia Jorges jüngstem und vielleicht persönlichstem Roman.
Lidia Jorge Erbarmen, Secession Verlag, 2024 Übersetzung: Steven Uhly
11:30 – 12:15 Uhr EÇA UND CO. Vorstellung des Buches: Die Maias Ironie und moralische Grundlagen der Gesellschaft – Öffentliche Tugenden, private Laster In deutscher Sprache Gespräch mit der Übersetzerin Marianne Gareis Moderation: Maximilian Mengeringhaus
Eça de Queirós ist einer der meistübersetzten portugiesischen Schriftsteller; sein Werk ist in über vierzig Ländern und fast dreißig Sprachen erhältlich. Obwohl der Gegenstand seiner Betrachtung Portugal in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist, legt der Schriftsteller seinen Geschichten Züge der menschlichen Natur zugrunde, die weit über geografische oder historische Epochen hinausgehen, da sie ihr innewohnen und sich folglich im gesellschaftlichen Leben widerspiegeln. Es ist wohl Queirós‘ Zeitlosigkeit zuzuschreiben, dass jetzt in Deutschland eine Neuübersetzung von Os Maias erschien, 136 Jahre nach der Fertigstellung des Romans. Das 1888 geschriebene Werk erzählt die Geschichte dreier Generationen einer Familie in einer Chronik der Sitten voll bissigem Humor und fotografischen Beschreibungen der verschiedenen Milieus, in denen sich die mitunter tragische Handlung abspielt.
14:30 – 15:30 Uhr EIN GESPRÄCH MIT LÍDIA JORGE UND TATIANA SALEM LEVY Männer und die Frauenliteratur – Verstehen Männer die Literatur von Frauen? In deutscher/portugiesischer Sprache Moderation: Benjamin Meisnitzer
Es mag keinen spürbaren Unterschied zwischen der Literatur von Männern und Frauen geben, doch Werke, in denen sich die Autorinnen ganz oder teilweise von ihrer eigenen Existenz, von mehr oder weniger traumatischen Erlebnissen, von Gefühlen oder anderen Wahrnehmungen der Realität inspirieren lassen, erscheinen einem Mann schwer lesbar.
Die Frage, ob diese andere Sicht der Welt, die in der Literatur zum Ausdruck kommt, das männliche Publikum entfremdet oder anzieht, ist eines der Themen, die wir für die Debatte zwischen Lídia Jorge und Tatiana Salem Levy vorschlagen, die beide bemerkenswerte Verfechterinnen der weiblichen Selbstbestimmung und des Abschieds von der patriarchalischen Gesellschaft sind.
Lidia Jorge Erbarmen, Secession-Verlag, 2024 Übersetzung: Steven Uhly Tatiana Salem Levy Der Schlüssel zum Haus, Secession-Verlag, 2024 Übersetzung: Marianne Gareis
Fünf literarische Stimmen aus Guinea-Bissau erzählen: von der provisorischen Verrücktheit des Lehrers Baltazar, der eines Tages nicht mehr im Gymnasium erscheint. Von Vater und Sohn, die eine Kuhherde gegen zwei grüne Büchlein tauschen, um in Europa ans große Geld zu kommen. Vom Soldaten Zé Crocodilo, der sich in einen Fluss voller Krokodile wirft, um zwei portugiesische Ärztinnen zu retten. Und von den verführerischen Früchten des Pitangabaums im Hof der Nachbarin, die einfach unwiderstehlich locken …
Waldir Araújo, Claudiany da Costa Pereira, Amadú Dafé, Edson Incopté und Marinho de Pina Der Pitangabaum der Nachbarin. Erzählungen aus Guinea-Bissau, Edition Noack & Block, 2025 Übersetzung: Renate Heß, Rosa Rodrigues, Johannes Augel
NaTo Karl-Liebknecht-Str. 46 04275 Leipzig 20:00 – 20:50 Uhr LITERATUR AUS PORTUGAL – EIN ABEND MIT TATIANA SALEM LEVY UND FRANCISCO SOUSA LOBO Migration und Kreativität In deutscher / portugiesischer Sprache Moderation: Michael Kegler
Kreativität ist in der Regel ein Prozess des Beobachtens, des Austauschs, des Experimentierens, der Suche nach Anhaltspunkten auf einer Reise, die das Gepäck des Autors mit Gewissheiten und Zweifeln, mit Irrungen und Wirrungen füllt. Gewiss, die Reise kann vor allem eine innere Reise sein, denn sie führt auch zu neuen Fragen oder überraschenden Erkenntnissen. Ebenso wahr ist, dass die andere Reise, die physische, die waghalsige, den Geist des Schriftstellers stets aufrüttelt und seine Feder beunruhigt. Der Autor und die Autorin dieser Sitzung sind Migranten, sicherlich aus unterschiedlichen Beweggründen, aber dennoch Reisende, die mit bestimmten Lebenswelten konfrontiert sind, verschiedene Realitäten beobachten und in anderen Gesellschaften vorherrschende Werte erleben. Zum Auftakt dieser Debatte zwischen Tatiana Salem Levy und Francisco Sousa Lobo schlagen wir vor, dass sie sich selbst und das Publikum fragen, ob sie ein Werk geschaffen hätten, wenn sie keine Emigranten gewesen wären. Mit anderen Worten: Ist die Reise, die das Leben ihnen auferlegt hat, mit ihrem künstlerischem Schaen auf die eineoder andere Weise verbunden?
Tatiana Salem Levy Der Schlüssel zum Haus, Secession-Verlag, Herbst 2024 Übersetzung: Marianne Gareis
Ende März findet die Leipziger Buchmesse statt, wie in den Vorjahren auch wieder mit einiger portugiesischsprachiger Präsenz. Und so ergibt es sich, dass wir in der Woche danach gleich zwei hochkarätige Veranstaltungen bei uns in der Buchhandlung präsentieren können.
Copyright: Pedro Marnoto
Am Donnerstag, dem 03. April, 19.30 Uhr freuen wir uns auf die große portugiesische Autorin Lídia Jorge. Sie stellt ihren Roman Miséricordia vor, der im März mit dem Titel Erbarmen in der Übersetzung von Steven Uhly auf Deutsch im Secession Verlag für Literatur erscheint. Der Verleger Christian Ruzicska moderiert die Lesung.
Lídia Jorge, geboren 1946, ist eine der renommiertesten Schriftstellerinnen Portugals. Sie studierte französische Literatur in Lissabon und verbrachte einige Jahre damit, während des Unabhängigkeitskampfes in Angola und Mosambik zu unterrichten. Heute lebt sie in Lissabon. Miséricordia erschien 2022 in Portugal, der Roman ist als Hommage an ihre Mutter entstanden und erhielt zahlreiche Literaturpreise, unter anderem auch 2023 in Frankreich den Prix Médicis étranger.
Dona Alberti sitzt im Rollstuhl, kann ihre Hände kaum noch benutzen und erzählt einem Aufnahmegerät aus ihrem Leben im Hotel Paraíso, einem Altenheim, wo sie aus freien Stücken lebt, seit ein banaler Unfall sie ihrer Selbständigkeit beraubt hat. Das sind die Koordinaten von Lídia Jorges jüngstem und vielleicht persönlichstem Roman. Die alte Dame erzählt von ihrem Alltag, den Auseinandersetzungen und Freundschaften mit jungen Pflegerinnen und anderen Mitbewohnern, ihrer heimlichen Liebe zu einem Mann, der kurz darauf stirbt, ihre nächtlichen Kämpfe mit einem Alter Ego, das ihr schwindendes Wissen herausfordert. Immer wieder kreisen ihre Gefühle um die schwierige Liebe zur Tochter, einer Schriftstellerin,der sie vorwirft, nur deshalb nicht reich und berühmt zu sein, weil sie vom Elend Namenloser erzählt, anstatt endlich Taten berühmter Menschen zu beschreiben.
Eintritt 10 EUR/ermäßigt 7 EUR. Wir bitten um Anmeldung.
Am darauffolgenden Freitag, dem 4. April, ebenfalls um 19.30 Uhr freuen wir uns auf Catrin George Ponciano. Von ihr erscheint ebenfalls zur Leipziger Buchmesse im AviVa Verlag eine Biographie über die portugiesische Dichterin Florbela Espanca mit dem Titel Alles – bloß nicht vage! Florbela Espancas autobiografische Poesie steht für den weiblichen Aufbruch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Lieben und Dichten wollte die ehrgeizige Lyrikerin. Und entgegen des seitens des Patriarchats und des Klerus herrschenden Moralkodex für Frauen, selbstbestimmt leben. Stoisch ertrug sie deswegen Ausgrenzung, gar Ächtung, und verwandelte all ihre Erfahrungen in Poesie und Prosa.
Catrin Ponciano, Copyright: Marion Louca
Die Deutsche seit 26 Jahren in Portugal beheimatete Schriftstellerin Catrin George Ponciano blättert in ihrem Essay Alles-bloß nicht vage! Florbela Espancas Wegmarken auf, und lädt ihr Publikum ein zu einer poetischen Gedankenreise durch Portugal und zum Wesen der Dichterin, die die Hoffnung ihre Träume zu verwirklichen, niemals aufgegeben hat.
Eintritt 5 EUR. Wir bitten auch hier im Anmeldung.
Für schon etwas fortgeschrittenere Lernende (Niveau B1 und B2 des Referenzrahmens) der portugiesischen Sprache ist ein neues Übungsbuch verfügbar. Die Autorinnen Carla Oliveira und Luísa Coelho präsentieren in Exercícios de Gramática em ação B1/B2 230 verschiedenste Übungen (Lückentexte, kleine Rätsel, Umschreiben von Sätzen, Bildbeschreibungen etc.) und zusätzlich 45 Übungen zum Hörverständnis. Die dazu notwendigen Audiodateien stehen auf der Webseite des Verlags zum Download bereit.
Das Buch ist in 30 Lektionen unterteilt, an deren Anfang jeweils eine kleine Erklärung und Wiederholung des behandelten Grammatikthemas steht. Daran schließen sich unterschiedlichste Übungen an. Nach jeweils 15 Lektionen schließen sich Wiederholungstests an, mit den das Gelernte überprüft werden kann.
Der Lösungsschlüssel am Ende des Buches erleichtert den Gebrauch im Selbststudium.
Und weiter geht es mit Literaturpreisen. Gestern Abend wurde der Prémio Oceanos in den Kategorien Lyrik und Prosa verliehen. Ausgezeichnet wurde in der Lyrik-Kategorie:
Uma Colheita de Silêncios des in diesem Jahr verstorbenen portugiesischen Autors Nuno Júdice, erschienen 2023 bei Publicações Dom Quixote.
Den Preis als bester Roman erhielt Caminhando com os mortos der brasilianischen Autorin Micheliny Verunschk, erschienen bei Companhia das Letras, die bereits für ihren vorangegangen Roman O Som do Ruído da Onça den Prêmio Jabuti erhalten hatte.
Der prämierte Roman zeigt, wie sich der Hass auf Frauen und Minderheiten durch die Jahrhunderte zieht, insbesondere wenn er durch religiösen Fanatismus geschürt wird.
Der Prêmio Oceanos ist je Kategorie mit 150.000 Reais dotiert.
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