Monatsarchiv: Februar 2011

Moacyr Scliar (1937-2011)

Der brasilianische Schriftsteller  Moacyr Scliar ist am vergangenen Wochenende in Porto Alegre an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben. Der Sohn russisch-jüdischer Einwanderer wurde 1937 im südbrasilianischen Porto Alegre geboren. Er veröffentlichte neben seiner langjährigen Tätigkeit als Arzt mehr als 70 Romane, Essays, Kinder- und Jugendbücher und war einer der wichtigsten zeitgenössischen Schriftsteller Brasiliens. In deutscher Übersetzung erschienen unter anderem der großartige Roman Die Ein-Mann-Armee (O exercíto de um homem só) und Der Zentauer im Garten (O Centauro no Jardim). Beide sind im Moment leider nicht mehr lieferbar. Dreimal wurde Moacyr Scliar mit dem wichtigsten brasilianischen Literaturpreis dem Prêmio Jabuti ausgezeichnet. Zuletzt erschien im vergangenen Jahr sein Roman Eu vos abraço milhões.

Wie vielen anderen ist auch mir der Diskussionsbeitrag Moacyr Scliars beim portugiesischen Literaturfestival Correntes d’Escritas im Jahr 2009 in Erinnerung geblieben. Bei einer Debatte  mit dem Titel O medo ou o fascínio do desconhecido (Die Angst oder die Faszination des Unbekannten) erzählte er  dort von seinem Vater, der 1917 als Jugendlicher in Russland ein Schiff nach Brasilien bestiegen hatte, ohne zu wissen, was ihn dort erwarten würde. Niemals zuvor hatte er eine Ananas, Mango oder Banane gesehen – doch verband er mit Brasilien vor allem die  ein Land mit mildem Klima, liebenswürdigen Menschen und tropischen Früchten. Als das Schiff schließlich im Hafen von Porto Alegre anlegte,  stand dort ein Großteil der Bevölkerung am Kai und einer der Gaúchos reichte dem Jungen eine Banane. Er verstand, dass es sich um etwas zu essen handelte, hatte jedoch keine Ahnung, wie er die Banane essen sollte.  Nachdem er entdeckt hatte, dass sich die Banane wie eine Orange schälen ließ,  nahm er an, dass auch die Banane aus Schale und Kern bestehen würde, hielt die Frucht für den Kern und begann zur Verwunderung des Gaúchos die Schale der Banane zu essen.

„Der Schriftsteller ist jemand, der die Banane anschaut und die Schale isst“, so Scliar in seinem Vortrag, „dieser Schritt ins Unbekannte ist die Voraussetzung für Literatur, die die Aufgabe hat, das Unbekannte in Magie zu verwandeln.“

siehe auch:

Isabel Coutinho in Ciberescritas

Correntes d’Escritas 2009

Público

Der brasilianische Verleger Luis Schwarcz über Moacyr Scliar

Nachruf von Albert von Brunn bei nova cultura!

Nachruf in der taz

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Prémio Literário Correntes d’Escritas geht an Pedro Tamen

Das größte Literaturfestival Portugals, die Correntes d’Escritas im nordportugiesischen Póvoa de Varzim, wurde heute eröffnet. Die Bekanntgabe des Preisträgers des mit 20.000 Euro dotierten Prémio Literário Casino da Póvoa erfolgte traditionell im Rahmen der Eröffnungszeremonie.

In diesem Jahr standen ausschließlich Lyrik-Titel zur Auswahl. Die Jurymitglieder Almeida Faria, Carlos Vaz Marques, Fernando Pinto do Amaral, Patrícia Reis e valter hugo mãe haben sich für

Pedro Tamen und sein Werk O Livro do Sapateiro

entschieden.

Nominiert waren

A Inexistência de Eva, Filipa Leal, Deriva

Anthero, Areia & Água, Armando da Silva Carvalho, Assírio & Alvim

Arado, A. M. Pires Cabral, Cotovia

Curso Intensivo de Jardinagem, Margarida Ferra, & Etc

Guia de Conceitos Básicos, Nuno Júdice, Dom Quixote

Mais Espesso que a Água, Luís Quintais, Cotovia

Necrophilia, Jaime Rocha, Relógio D’Água

O Anel do Poço, Paulo Teixeira, Caminho

O Livro do Sapateiro, Pedro Tamen, Dom Quixote

O Viajante sem Sono, José Tolentino Mendonça, Assírio & Alvim

Bis Sonntag nehmen 65 Schriftsteller aus 12 Ländern an der 12. Ausgabe der Correntes d’Escritas teil. Mit dabei sind unter anderem Luis Sepúlveda, Alberto Torres Blandina, Inês Pedrosa, Rui Zink und Francisco José Viegas. Die komplette Teilnehmerliste mit biobibliographischen Informationen wird hier zur Verfügung gestellt.

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Count-down am Xingu – Martin Keßler im Gespräch

Der Frankfurter Dokumentarfilmer Martin Keßler berichtet am kommenden Donnerstag, 24.2.2011,20.00 Uhr, im Frankfurter Club Voltaire, Kleine Hochstrasse 5, über den aktuellen Stand seines Filmprojektes „neueWUT„. Vor allem aber über den Konflikt um Belo Monte, das drittgrößte Staudammprojekt der Welt, mit dem die brasilianische Regierung jetzt in Amazonien beginnen will. Martin Keßler ist gerade zurück vom Xingu,wo er im Januar / Februar 2011 für eine aktuelle Reportage über Belo Monte gedreht hat.

Mit der Reportage „Count – down am Xingu“ setzt Martin Keßler die mit dem 2009 fertiggestellten Dokumentarfilm Eine andere Welt ist möglich – Kampf um Amazonien Arbeit fort. Dazu hat er unter anderem mit dem katholischen Bischof von Altamira und Träger des alternativen Nobelpreises, Dom Erwin Kräutler, gesprochen, mit dem Staatsanwalt von Altamira, Regierungsvertretern und Repräsentanten sozialer und indigener Bewegungen. Eine Kurzversion des Filmes erscheint in den nächsten Wochen auf youtube.

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Helder Macedo – im März auf Lesereise

Helder Macedo stellt sein Buch Weiße Flecken von Afrika (erschienen 2010 im Leipziger Literaturverlag) bei uns in Frankfurt und im Rahmen der Leipziger Buchmesse vor:

Mittwoch/Quarta-feira, 16.03. 20.00 Uhr

TFM-Centro do Livro de Língua Portuguesa lädt ein zu einer Lesung aus Partes de África/Weiße Flecken von Afrika mit Helder Macedo

TFM, Große Seestr. 47, Frankfurt/Main

Moderation und Übersetzung/ Moderação e Tradução: Markus Sahr

Eintritt frei/Entrada livre

zweisprachig portugiesisch/deutsch

Donnerstag/Quinta-feira, 17.03. 20.00 Uhr

Vorstellung des Romans Partes de África/Weiße Flecken von Afrika anlässlich der Leipziger Buchmesse

Literaturhaus / Haus des Buches, Raum 016, Gerichtsweg 28, Leipzig

Moderation und Übersetzung/ Moderação e Tradução: Markus Sahr

Eintritt/Entrada: 2,00/1,00 EUR

zweisprachig portugiesisch/deutsch

Eine Iniative des Übersetzervereins Die Fähre e.V., der Buchhandlung TFM-Centro do Livro e do Disco de Língua Portuguesa, Frankfurt am Main mit Unterstützung von Direcção-Geral do Livro e das Bibliotecas (DGLB) /Ministério da Cultura, Portugal.

Uma iniciativa da Associação de Tradutores Die Fähre e.V., Leipzig e da livraria TFM-Centro do Livro e do Disco de Língua Portuguesa, Frankfurt am Main.

Apoio: Direcção-Geral do Livro e das Bibliotecas (DGLB) /Ministério da Cultura, Portugal.

Helder Macedo ist ein portugiesischer Romancier, Essayist, Kritiker und Literaturwissenschaftler. Er wurde 1935 in Südafrika geboren, verbrachte einen Teil seiner Kindheit in Moçambique und kam noch als Jugendlicher nach Portugal. 1957 erschien sein erster Lyrikband Vesperal, seinen ersten Roman Partes de África, der jetzt in deutscher Übersetzung von Markus Sahr vorliegt, veröffentlichte er erst 1991. Helder Macedo ist neben weiteren Lyrik- und Prosaveröffentlichungen Autor eines umfangreichen essayistischen Werks, das in Portugal und im Ausland erschienen ist.

In den 1960er ging Helder Macedo – Gegner der faschistischen Diktatur – ins Exil nach England, er promovierte an der Londoner Universität, an der er anschließend auch unterrichtete. Von 1982 bis 2004 hatte er den nach Camões benannten Lehrstuhl inne und leitete die Abteilung für Portugiesische und Brasilianische Studien am King’s College.

Nach der Nelkenrevolution 1974 hatte er in Portugal zeitweise öffentliche Ämter inne, unter anderem war er 1979 Staatssekretär für Kultur. Helder Macedo ist Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Portugal.

Helder Macedo, poeta, romancista, ensaísta, critico e investigador literário. Nasceu em 1935 na África do Sul, viveu em Moçambique e veio para Portugal ainda adolescente. Estreou-se como poeta em 1957, com Vesperal, e publicou em 1991 o primeiro romance, Partes de África, agora traduzido para o alemão por Markus Sahr para a editora Leipziger Literaturverlag. Além da poesia e ficção, é autor de vasta obra ensaística publicada em Portugal e no estrangeiro.

Opositor à ditadura fascista, Helder Macedo exilou-se em Inglaterra no início dos anos 60, tendo-se doutorado na Universidade de Londres, onde lecionou. Foi Professor titular da cátedra Camões, entre 1982 e 2004, função que acumulou com a de diretor do departamento de Estudos Portugueses e Brasileiros do King’s College onde atualmente é Emeritus Professor of Portuguese.

Após o 25 de Abril ocupou em Portugal cargos oficiais, nomeadamente o de Secretário de Estado da Cultura, em 1979. É membro da Academia das Ciências de Lisboa.

Helder Macedos autobiografischer Roman Weiße Flecken von Afrika liefert ein Bild der portugiesischen Diktatur vor ihrem Untergang und eröffnet eine Sicht auf das Problem der Kolonisierung im allgemeinen. In Südafrika geboren, wächst der Erzähler in Mosambik auf. In den Ko­lonien führen die portugiesischen Verwalter häufig eine Willkürherrschaft: Einer von ihnen richtet seine häuslichen Untergebenen beim Servieren zu Duetten aus Carmen oder Tosca ab. Gelingt es den Eingeborenen nicht, ihn zufrieden zu stellen, läßt er sie auspeitschen. Demgegenüber sorgt sich der Vater des Erzählers um eine nachhaltige Ent­wicklung der ihm anvertrauten Distrikte: Er läßt Straßen und Hospitäler bauen, kümmert sich um die vielen Leprakranken und gründet Schulen. Erst zum Studium wechselt der Sohn für längere Zeit nach Europa, durch­streift als Bohémien Lissabon und beteiligt sich am Wahlkampf des oppositionellen Generals Humberto Delgado. Einem drohenden Zugriff durch die Geheimpolizei entzieht er sich durch die Flucht nach Südafrika und anschließend nach England. Er bereist Guinea-Bissau und die Kapverdischen Inseln kurz nach deren Unabhängigkeit und glaubt, mit diesen Aktionen über seinen Vater zu triumphieren.

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nova cultura! im Februar

Die Februar-Ausgabe von nova cultura! ist online, hier die Themen:

Ein Interview von Felipe Tadeu mit der brasilianischen Sängerin Luciana Souza, eine Rezension des Romans Matteo perdeu o emprego von Gonçalo M. Tavares sowie Kurzgeschichten von Urariano Mota und Rui Zink.
Im  Terminkalender steht am 23. Februar die Abschiedsveranstaltung der portugiesischen Stipendiaten der Villa Concordia in Bamberg, unter anderem mit Dulce Maria Cardoso und José Riço Direitinho. Anschließend berichtet nova cultura! aus Portugal  über das Literaturfestival Correntes d’Escritas.

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Kurzgrammatik Portugiesisch

Ein neues kompaktes Grammatikbuch der portugiesischen Sprache ist jetzt im Hueber Verlag erschienen. Die Autorinnen Maria José Herhuth und Nair Nagamine Sommer berücksichtigen in ihrer auch für Anfänger Kurzgrammatik Portugiesisch (216 Seiten)  sowohl die europäische als auch die brasilianische Variante der portugiesischen Sprache. Besonderheiten sind übersichtlich gekennzeichnet. Im Anhang finden sich tabellarisch die wichtigsten Konjugationsmuster, außerdem einige Tests (mit Lösungen) zu ausgewählten grammatischen Problemen.

Ab sofort bei uns erhältlich:

Herhuth/Sommer: Kurzgrammatik Portugiesisch, Hueber 2011, 14,95 EUR

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Portugal und Brasilien bei der Berlinale 2011

Die internationalen Filmfestspiele werden heute in Berlin eröffnet, und auch in diesem Jahr sind portugiesische und brasilianische Regisseure vertreten, wenn auch nicht im Wettbewerbsprogramm.

In der Sektion Panorama wird José Padilhas Polizeithriller Tropa de Elite 2 gezeigt. Für den Vorgänger Tropa de Elite war 2008 mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet worde.

In der Reihe Forum läuft der Film  Os Residentes des brasilianischen Regisseurs Tiago Mata Machado.

Die deutsch-portugiesische Koproduktion Swans des portugiesischen Regisseurs Hugo Vieira da Silva wird ebenfalls in der Reihe Forum gezeigt.

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Sänger gesucht – Vamos cantar

Bei der Feier zum brasilianischen Nationalfeiertag im September 2010 gastierte der Chor Vozes do Brasil aus Köln mit großem Erfolg bei den Brasilianern Frankfurts. Daraus entstand die Idee ein ähnliches Ensemble im Rhein-Main-Gebiet zu gründen. Das sehr aktive Brasilianische Kulturzentrum in Frankfurt (CCBF) hat sich der Sache nun angenommen. Das Brasilianische Generalkonsulat und die Banco do Brasil haben ihre Unterstützung zugesagt. Erste Proben sollen im März in den Räumen des Konsulat stattfinden. Das Repertoire soll vor allem aus Stücken des brasilianischen Liedguts, Schlagern, Volksmusik und Klassik bestehen.  Gesucht werden nun sangesfreudige Interessenten, die sich vorab bitte an Ana Klasing Bruhn

Email-Kontakt:  akbruhn (at) gmail (dot) com

wenden möchten , die die Koordination übernommen hat und auch zum ersten Zusammentreffen einladen wird. In der Entstehungphase sind außerdem konstruktive Anregungen bezüglich Probenstandorten, Begleitmusikern, finanzieller Unterstützung etc. sehr willkommen.

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