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Maria Judite de Carvalho: Leere Schränke

Der jetzt erstmals ins Deutsche kurze Roman Leere Schränke (Originaltitel: Armários Vazios) von Maria Judite de Carvalho ist bereits in den 1960er Jahren in Portugal erschienen. Wieder entdeckt wurde sie zunächst in den USA, wo eine Übersetzung von Margaret Jull Costa 2021 für Furore sorgte und in der Folge einige Übersetzungen auch in andere Sprachen nach sich zog.

Die deutsche Übersetzung von Wiebke Stoldt ist jetzt bei S.Fischer erschienen.

Thematisch geht es um Dora Rosário, die sich in der Trauer um ihren vor 10 Jahren verstorbenen Ehemann Duarte eingerichtet hat, der sie und ihre fast erwachsene Tochter Lisa nur Armut hinterlassen hat.

Als der Roman 1966 erschien, stand Portugal unter der Salazar-Diktatur. Die meisten Männer waren abwesend oder handlungsunfähig, den Frauen blieb trotzdem nur die Rolle als Mutter, Tochter, Ehefrau oder Geliebte. Mit wenigen scharf konturierten Strichen entwirft Maria Judite de Carvalho ihre Figuren und lässt eine Zeit aufscheinen, die wenig Gnade zeigte und in der die Frauen auf sich selbst gestellt waren.

Der deutsche Verlag nennt Maria Judite de Carvalho die wichtigste portugiesische Autorin des 20. Jahrhunderts, das erscheint uns angesichts von Namen wie Agustina Bessa-Luís, Lídia Jorge, aber auch den „3 Marias“ Maria Isabel Barreno, Maria Velho da Costa und Maria Teresa Horta eventuell etwas übertrieben. Aber sicher gab es in der Zeit der Diktatur in Portugal überhaupt nur sehr wenige schreibende Frauen, deren Werke veröffentlicht wurden.

In jedem Fall ist Leere Schränke eine interessante Wiederentdeckung, deren Lektüre lohnt. Falls Sie auf den Geschmack kommen und des Portugiesischen mächtig sind, empfehlen wir die 2019 erschienen sechsbändige Werkausgabe.

Maria Judite de Carvalho: Leere Schränke, S. Fischer, 24 EUR

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Neu auf Deutsch – Itamar Vieira Junior: Feuer

Der zweite Roman Salvar o Fogo des brasilianischen Autors Itamar Vieira Junior ist jetzt auf Deutsch erschienen.

Das Buch trägt den Titel Feuer und ist in der Übersetzung von Barbara Mesquita bei S. Fischer erschienen.

Wie der erfolgreiche erste Roman Torto Arado (Deutsch: Die Stimme meiner Schwester) spielt auch Feuer im brasilianischen Bundesstaat Bahia.

Dort wächst Moisés ohne Mutter auf. Seine ältere Schwester Luzia, der man übernatürliche Kräfte nachsagt, erzieht ihn mit großer Strenge. Sie arbeitet als Wäscherin in einem Kloster, das seit Jahrhunderten die Gegend dominiert. Als sie für Moisés einen Platz in der Klosterschule erobern kann, glaubt sie an eine bessere Zukunft für ihren Bruder. Doch Moisés sieht sich Willkür und Missbrauch ausgesetzt, über die er mit niemandem sprechen kann. Er verlässt heimlich das Dorf und kehrt erst Jahre später zurück, nachdem das Kloster durch ein Feuer zerstört wurde.

In Brasilien wurde der Roman 2024 mit dem Prêmio Jabuti ausgezeichnet.

Original und Übersetzung gib es wie immer bei uns in der Buchhandlung.

Itamar Vieira Junior: Feuer, aus dem Portugiesischen von Barbara Mesquita, S. Fischer, 28 EUR

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Itamar Vieira Junior: Die Stimme meiner Schwester

Der Roman Torto Arado von Itamar Vieira Junior ist eines der erfolgreichsten Bücher in der brasilianischen Literatur der letzten Jahre, sowohl bei Kritik als auch beim Lesepublikum.

Ausgezeichnet mit zahlreichen Literaturpreisen, wir Prémio Leya, Prêmio Jabuti und Prêmio Oceanos erreicht der Roman nun erfreulicherweise auch den deutschen Markt.

Die Stimme meiner Schwester, übersetzt von Barbara Mesquita und erschienen bei S. Fischer spielt im brasilianischen Nordosten und erzählt die Geschichte der Schwestern Bibiana und Belonísia. Als Kinder finden sie unter dem Bett ihrer Großmutter einen alten Koffer, darin eingewickelt ein großes Messer. Im Rausch dieser Entdeckung ereignet sich ein tragischer Unfall: Eine der Schwestern verliert ihre Zunge, die andere ersetzt fortan ihre Stimme.

Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts spricht Großmutter Donana mit den Toten, der Vater ist ein angesehener Geistheiler. Dieser Welt stellt sich Bibiana entgegen, als sie mit ihrem Geliebten das Dorf verlässt, und Belonísia, indem sie sich gegen die Schläge des ihr zugewiesenen Mannes wehrt.

Itamar Vieira Junior wird den Roman im Dezember im Rahmen von Brasilesen in Frankfurt vorstellen. Vorher sprechen wir schon im September in unserem Lesezirkel über das Original – Torto Arado.

Itamar Vieira Junior: Die Stimme meiner Schwester, S.Fischer, 25,00 EUR, vorbestellbar, Auslieferung ab 31.8.

Alle weiteren Bücher von Itamar Vieira Junior gibt es ebenfalls bei uns in der Buchhandlung.

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Prémio Camões 2019 geht an Chico Buarque

Chico Buarque: O irmão alemãoDer Prémio Camões, der bekannteste Literaturpreis der portugiesischsprachigen Welt, geht in diesem Jahr an den brasilianischen Schriftsteller und Sänger Chico Buarque. Der Preis wurde 1988 von den Regierungen Brasiliens und Portugals ins Leben gerufen und ist mit 100.000 Euro dotiert. Alljährlich wird mit ihm ein portugiesischsprachiger Schriftsteller ausgezeichnet. Zuletzt erhielt 2018 der kapverdische Autor Germano Almeida die Auszeichnung.

Die Entscheidung der Jury, der in diesem Jahr Clara Rowland und  Manuel Frias Martins aus Portugal, Antonio Cícero und António Carlos Hohlfeldt aus Brasilien, die angolanische Autorin und Professorin Ana Paula Tavares sowie der mosambikanische Professor Nataniel Ngomane angehörten, wurde einstimmig gefällt.

Chico Buarque, eigentlich Francisco Buarque de Holanda, wurde 1944 in Rio de Janeiro geboren.  Er studierte Architektur und begann Mitte der 1960er Jahre erste Liedtexte zu veröffentlichen. Der musikalische Durchbruch gelang ihm 1966 mit dem noch heute populären Lied A Banda. Er ist neben Caetano Veloso  der wichtigste Vertreter der Música Popular Brasileira. Während der Militärdiktatur in Brasilien ging er ins Exil nach Italien. 1970 kehrte er nach Brasilien zurück. Sein erster Roman Estorvo erschien 1991, es folgten Benjamim, Budapeste, Leite Derramado und zuletzt 2014 O Irmão Alemão, der einen biographischen Hintergrund hat.

Chico Buarque: Mein deutscher BruderIn deutscher Übersetzung von Karin von Schweder-Schreiner sind bei S.Fischer noch die Romane Mein deutscher Bruder und Vergossene Milch lieferbar.

Die brasilianische und portugiesische Presse kommentieren die Preisankündigung ausführlich, hier einige links:

Diário de Notícias

Folha de São Paulo

Público (für Abonnenten)

Die Romane und natürlich auch CDs von Chico Buarque finden Sie natürlich bei uns in der Buchhandlung.

 

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Fernando Pessoa: Ich Ich Ich – Neues aus der Werkausgabe

Als Egon Ammann im gleichnamigen Verlag in den 1980er Jahren mit der Werkausgabe von Fernando Pessoa in deutscher Übersetzung begann, war nicht abzusehen, dass der Boden von Pessoas „Truhe“ so schnell nicht erreicht werden würde. Noch heute erscheinen in Portugal neue Pessoa-Ausgabe.  Und so ist es nicht verwunderlich, dass  auch die deutsche Werkausgabe, die der S.Fischer Verlag dankenswerterweise fortführt, noch lange nicht abgeschlossen ist.

In diesem Frühjahr erschien nun in der bewährten Übersetzung von Inés Koebel, der von ihr herausgegebene und zusammengestellt Band Ich Ich Ich – Selbstzeugnisse und Erinnerungen von Zeitgenossen.

Pessoa war Dichter und Theosoph, Pazifist und Monarchist, Klassiker und Futurist, der an sich selbst Zweifelnde und der sich selbst Überhöhende, der Misanthrop und der Menschenfreund. Eine Vielheit, die offenbart, was den Portugiesen umtrieb: sein Suchen, Zweifeln und Werden, seine inneren Kämpfe, seine Widersprüche, seine Sehnsucht nach Selbstvergewisserung und Identität.  Der Band enthält  eine Auswahl von Selbstanalysen, Tagebucheinträgen, Briefen und wird ergänzt durch Aussagen von Zeitgenossen.

Den neuen Band finden Sie ebenso wie die anderen Bände der Werkausgabe in unserer Buchhandlung (offline und online), neben zahlreichen Texten im portugiesischen Original.

Fernando Pessoa: Ich Ich Ich – Selbstzeugnisse und Erinnerungen von Zeitgenossen., S. Fischer, 2018, 25 EUR

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Jorge Amado: Tote See (Mar Morto) – neu in deutscher Übersetzung

Der S. Fischer Verlag erfreut uns mit einem weiteren Buch aus dem umfangreichen Werk von Jorge Amado. Eben erschienen ist Tote See (Mar Morto) in der Übersetzung von Karin von Schweder-Schreiner.  Zuletzt wurden 2012 und 2013 Die Werkstatt der Wunder (Tenda dos milagres) und Zwei Geschichten von der See (A morte e a morte de Quincas Berro D’Água und Os Velhos marinheiros ou o capitão-de-longo-curso) veröffentlicht.

»Tote See« ist eine melancholische Liebeserklärung an seine Heimat Brasilien und ein wahres Märchen vom Leben der Hafenbewohner von Bahia, die Tradition, Leid und Liebe an die tote See fesseln. Die Kanuschiffer von Bahia sterben jung, so ist es und so war es schon immer. Nur Livia, Bahias Schönste, kann sich nicht an die stürmischen Nächte am Strand gewöhnen, in denen sie bangend nach dem Valente Ausschau hält, dem Segelschiff, das ihren Manuel sicher aus den dunklen Fluten tragen soll.

Wenn die Nacht zu früh hereinbricht und der Wind mit voller Kraft über die See zieht, wird Iemanjá, die Herrin des Meeres, die schönste aller Frauen, einige Männer zu sich holen. Die Klagen der Witwen vermischen sich dann mit den Lustschreien der Frauen, denen die See ihre Männer zurückgeschickt hat.

Jorge Amado: Tote See, S.Fischer, 2018, 24,00 EUR (ab sofort bei uns in der Buchhandlung erhältlich, online natürlich auch)

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Fernando Pessoa – 120.Geburtstag

Jahrestage sind für viele Verlage und Institutionen ein willkommener Anlass, mit Veranstaltungen und Sondereditionen auf einen Autor hinzuweisen. Der Geburtstag des portugiesischen Dichters Fernando Pessoa jährt sich am 13.Juni zum 120.Mal. Wäre man jetzt in Lissabon könnte man mit Pessoas Lissabon Reiseführer im Gepäck einen Blick in die Casa Fernando Pessoa werfen und dort

dem umfangreichen Programm im Juni folgen.

Hierzulande darf man sich darüber freuen, dass der Ammann Verlag, seine Pessoa-Werkreihe fortsetzt – im Juni erscheint eine Sonderausgabe des Klassikers Buch der Unruhe – in der unter anderem schon in Neuübersetzung von Inés Koebel die Werke von Ricardo Reis, Alberto Caeiro, António Mora (übersetzt von Steffen Dix), Barão de Teive und zuletzt Álvaro de Campos (allesamt Heteronyme Fernando Pessoas) erschienen sind.

Auch erfreulich, dass für den kleineren Geldbeutel jetzt einige der Titel wieder in einer Taschenbuchausgabe aus dem S.Fischer Verlag lieferbar sind. Neben dem Buch der Unruhe sind das die Lyrikbände von Ricardo Reis und Alberto Caeiro (beide zweisprachig portugiesisch-deutsch) und ein Prosaband von Barão de Teive.

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